„1984” - Meisterwerk nach Mitternacht - 19. November 2006

Es wird ein ewiges Geheimnis der Programmmacher des öffentlich rechtlichen Fernsehens bleiben, warum die besten und ambitioniertesten Filme immer dann laufen, wenn 99 Prozent der Zuschauer längst schlafen. So auch heute, wenn um punkt Mitternacht „1984” im SWR zu sehen sein wird. Die Romanverfilmung geht tief unter die Haut.

Winston Smith (John Hurt) arbeitet als kleiner Angestellter im „Wahrheitsministerium”, wo die herrschende Diktatur die Nachrichten in die Sprache der jeweiligen Tagespropaganda übersetzen lässt. Apathisch nimmt er an den Massenaufmärschen teil, doch innerlich hat er sich schon lange distanziert. Heimlich schreibt er ein Tagebuch, um die Erinnerung gegen das befohlene Vergessen zu konservieren. Es gelingt ihm, die verbotene Tätigkeit vor dem riesigen Teleschirm zu verbergen, durch den der „Große Bruder” die gesamte Bevölkerung überwacht. Das Regime verbietet neben der Gedankenfreiheit aber auch jegliche Gefühle. Dennoch lässt sich Winston auf eine rebellische Liebesaffäre mit der jungen Dissidentin Julia (Suzanna Hamilton) ein.


Filmszene - 1984


Er mietet beim Pfandleiher Charrington (Cyril Cusack) ein Liebesnest, in dessen schäbiger Atmosphäre die beiden zum ersten Mal ein schwaches Gefühl von Individualität erleben. Winston fühlt auch eine Wahlverwandtschaft mit dem gebildeten Parteifunktionär O'Brien (Richard Burton), in dem er einen Sympathisanten der Widerstandsbewegung zu erkennen glaubt. Winston trifft sich mit ihm zu Gesprächen in dessen Wohnung und bekommt ein Buch des verfemten Oppositionellen Goldberg geschenkt.


Winston fühlt sich sicher, doch plötzlich liefert Charrington ihn und Julia der Gedankenpolizei ans Messer. Der entsetzte Winston wird von seinem vermeintlichen Freund O'Brien einer grausamen Gehirnwäsche unterzogen, um nicht nur seine Erinnerung, sondern auch seinen Geist zu brechen. Winston widersteht der Folter - bis O'Brien ihn in den berüchtigten Raum 101 bringen lässt, wo sein schlimmster Alptraum zur Realität wird.


Michael Radford gelang eine beklemmend-authentische Verfilmung von George Orwells 1948 erschienenem Roman „1984”. Dessen Witwe Sonia erlaubte Radford nur eine naturalistische Inszenierung ohne die in der Science Fiction üblichen Effekte. Das entsprach der Intention Orwells, der seinen Roman nicht als futuristische Prognose, sondern als grimmige Satire auf seine Entstehungszeit sah. Richard Burton starb nur Wochen nach Ende der Dreharbeiten.


Die „Science Fiction-Woche” im SWR geht übrigens morgen mit dem Publikumsrenner „E.T. - Der Außerirdische” weiter.